Von Frank Hellmann
Ein Mann, ein Verein
Noch immer erzählt Dietmar Hopp gerne die Geschichte. Wie im Jahre 1989 in einem Relegationsspiel zur Bezirksliga die TSG 1899 Hoffenheim gegen den 1. FC Stebbach das Nachsehen hatte. Mit 2:4 nach Verlängerung.
Er, der damals schon reiche Mann aus dem Kraichgau, hat das nicht mit ansehen können. Und beschlossen, seinem Heimatverein ein bisschen unter die Arme zu greifen.
Tatsächlich gehen die Anfänge der Förderung des heutigen Bundesligisten auf diese Episode zurück, und der mittlerweile 74 Jahre alte Mäzen hat sie erst wieder am Montagabend in der Sinsheimer Stadthalle auf der Mitgliederversammlung erzählt.
96 Prozent Stimmrechte
Es war sozusagen der Anpfiff einer Erfolgsgeschichte, die darin mündete, dass sich Hoffenheim in der Beletage des deutschen Fußballs etabliert hat. Der SAP-Gründer, der sich für unzählige soziale Projekte in der Region engagiert, ist ab 1. Juli 2015 auch formal der starke Mann bei der TSG 1899 Hoffenheim (ausführliche Berichterstattung ab 18.30 Uhr im TV auf SPORT1 in Bundesliga aktuell).
Dann nämlich wird ihm die Stimmenmehrheit an der Spielbetriebs GmbH übertragen. Möglich machen es die veränderten Bestimmungen der Deutschen Fußball Liga (DFL), für die vor allem Martin Kind als Präsident von Hannover 96 eingetreten ist.
Wer länger als 20 Jahre den Verein fördert, darf die 50+1-Regel umgehen. Hopp wird dann 96 Prozent der Stimmrechte erhalten, das entspricht seiner Beteiligung.
Hopp stopft die Löcher
Wie wichtig Hopp mit seinem Milliarden-Vermögen noch für den Erstligisten ist, wurde bei der Ende November vergangenen Jahres versandten Presseinformation mit der Überschrift "Umfangreiche Restrukturierungen prägen das Geschäftsjahr 2013/2014" deutlich.
Demnach machte die Fußball-Spielbetriebs GmbH bei einem Gesamtumsatz von 66 Millionen Euro einen operativen Verlust von 11,7 Millionen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit wies sogar einen Fehlbetrag von 25 Millionen Euro aus.
Problem: Gemessen an den Erlösen bezahlt Hoffenheim viel zu hohe Gehälter, sonst wären vor Saisonbeginn auch nicht Pirmin Schwegler aus Frankfurt oder Oliver Baumann aus Freiburg gewechselt oder Firmino geblieben.
Doch alles kein Problem: Das Eigenkapital der Gesellschaft betrug zum Stichtag 108 Millionen Euro. Woher dieses Geld kommt, ist kein Geheimnis: von Dietmar Hopp.
350 Millionen Euro für Dorfklub
Insgesamt hat der findige Geschäftsmann und Gutmensch rund 350 Millionen Euro in den Dorfklub gesteckt. Das Trainingszentrum in Zuzenhausen oder die Rhein-Neckar-Arena in Sinsheim sind die von ihm in die Wege geleiteten Prestigebauten, die ein dauerhaftes Dasein in der Bundesliga garantieren sollen.
Dass die Mitglieder absegneten, dass Hopp und seine Nachkommen offiziell die Profiabteilung führen, war nicht anders zu erwarten; im Grunde wurde mit der Zustimmung der Vereinsmitglieder aus der TSG Hoffenheim die TSG Hoppenheim.
"Die Übernahme schützt den Kapitalgeber vor Entmündigung, das gilt auch für meine Erben", sagte Hopp, dessen Sohn Daniel mal seine Nachfolge antreten soll.
Hopp junior legt Fokus auf Eishockey
"Eines hoffentlich fernen Tages bin ich bereit, die Gesellschafterrolle meines Vaters bei 1899 Hoffenheim zu übernehmen. Ich werde mich aber nicht operativ ins Fußballgeschäft einbringen", sagte Hopp junior jetzt der Sport Bild: "Die SAP-Arena, meine Lebensaufgabe, und Eishockey werden immer mein Hauptjob sein, das gebe ich nicht für den Fußball auf."
Als Geschäftsführer der Adler Mannheim hat sich der 34-Jährige tatsächlich eine wichtige Position im deutschen Eishockey gesichert.
Kostspielige Fehler bremsen Entwicklung
Bevor er ans Ruder kommt, will der Vater die Weichen gestellt haben, dass die TSG Hoffenheim vielleicht ohne seine Zuwendungen auskommt. 2017 sollte der Klub finanziell auf eigenen Beinen stehen.
Dieses Ziel hatte er schon häufiger formuliert, aber die Umsetzung gestaltet sich im Verdrängungswettbewerb nicht so einfach. Vor allem kostspielige Fehleinschätzungen auf dem Transfermarkt - beispielhaft der Irrtum mit Torwart Tim Wiese - verhinderten in der Vergangenheit ein ausgeglichenes Ergebnis.
"Wir hatten zeitweise ein Kader von mehr als 40 Spielern aufgebaut, zudem in kurzer Zeit zahlreiche Trainer und Manager beschäftigt", merkte Frank Briel als Geschäftsführer Finanzen und Organisation an. Er rechne damit, in der Spielzeit 2015/2016, "die Auswirkungen der Vergangenheit hinter uns gelassen zu haben."
Selbst Bruchhagen akzeptiert Hopps Einfluss
Und wenn nicht? Dann muss halt der Mann helfen, der häufig auf dem Golfplatz in St. Leon-Rot anzutreffen ist. Der Unternehmer ist die erste Einzelperson, die einen deutschen Profiverein mehrheitlich führt.
Und sogar der "Chefkritiker" Heribert Bruchhagen, Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, der mit den Werksvereinen aus Wolfsburg und Leverkusen oder alimentierten Gebilden a la Hoffenheim oder Leipzig so seine Probleme hat, mag daran nichts Anstößiges finden: "50+1 soll uns schützen, vor Herrn Hopp muss uns niemand schützen."
Dessen Faible für den Fußball und den Verein sind verbürgt. Weil er eben nicht vergessen hat, wie das damals gegen den 1. FC Stebbach gelaufen ist. In der Relegation zur Bezirksliga.