Es sollte ein letztes, schönes Kapitel in seiner erfolgreichen Karriere werden - und es endete im Chaos. Ivica Olic stieg am vergangenen Dienstag mit 1860 München aus der Zweiten Liga ab.
Olic rechnet ab: "Alle sind gescheitert"
Am Freitag folgte dann der nächste Schock für den Verein. Investor Hasan Ismaik weigerte sich, fristgerecht die rund zehn Millionen Euro an zu zahlen, die den "Löwen" die Lizenz für die dritte Liga gesichert hätte.
Somit ist der Absturz des Traditionsvereins in die Regionalliga besiegelt. Olic, dessen Vertrag ausgelaufen ist, spricht im SPORT1-Interview über den Abstiegs-Schock, Trainer Vitor Pereira und seine eigene Zukunft.
SPORT1: Herr Olic, wie geht es Ihnen nach dem Abstieg?
Ivica Olic: Immer noch nicht wirklich gut. Es ist alles sehr traurig. Ich habe mich aber schon länger mit dem Worst Case beschäftigt. Vor vier, fünf Wochen habe ich gehofft, dass wir keine Relegation spielen müssen. Aber wir haben wirklich nicht gut gespielt und dann hat es uns erwischt. Ich muss aber auch sagen, dass viele Spieler mit den Gedanken schon weg waren, weil die Verträge ohnehin ausgelaufen sind. Die Zukunft für einen Großteil der Spieler war völlig unklar. Das war natürlich in den Köpfen drin. Ich habe gehofft, dass wir zumindest noch ein Spiel gewinnen. Ich saß in den letzten Spielen auf der Bank und konnte sehen, was das Team auf dem Platz zeigte. Es fehlte die Leidenschaft und es war eine Leere da. Im Team war kein Zusammenhalt und die Stimmung war immer negativ.
SPORT1: Und die Relegation war dann der Tiefpunkt?
Olic: Absolut. In beiden Spielen war Jahn Regensburg einfach besser. Im Relegations-Rückspiel waren so viele Leute im Stadion und wir haben gar nichts gezeigt. Null.
SPORT1: Es kam zu schlimmen Randalen, weil die Fans den Platz stürmen wollten und dann Sitzschalen und Stangen auf den Platz geworfen haben. Hatten Sie Angst?
Olic: Nein. Ich kenne solche Situationen aus Kroatien. Da passiert so etwas leider öfter. Die Fans waren traurig und fassungslos, was sie auf dem Rasen sehen mussten. Nach so vielen Jahren, in denen im Verein vieles schief gelaufen ist, hat sich der ganze Frust entladen. Wir waren nach dem 0:2 nicht mehr in der Lage, zurückzukommen. Wo Emotionen sind, da ist es schwer, sich zu kontrollieren. Ich fand die Ausschreitungen und Zerstörungswut mit den Sitzschalen nicht okay, aber ich kann die Fans durchaus verstehen. Es ist nicht einfach, Fan von diesem Klub zu sein. Der Dienstag war so ein trauriger Tag und ich kann ihren Ärger über den Ausgang der Relegation nachvollziehen.
SPORT1: Präsident Peter Cassalette schickte unmittelbar nach dem Schlusspfiff der Pressesprecherin eine SMS und teilte seinen Rücktritt mit. Ist das nicht verantwortungslos?
Olic: Ich war zwar Spieler von 1860, aber ich habe von der ganzen Unruhe in der Chefetage kaum etwas mitbekommen. Natürlich hat es mich gewundert, dass Herr Cassalette gleich nach dem Abstieg gegangen ist, aber er wird seine Gründe haben. Der Klub ist in einer ganz schweren Situation, das wird Cassalette schon länger gemerkt haben.
SPORT1: Die Süddeutsche Zeitung schrieb, dass Gehälter nicht rechtzeitig gezahlt wurden - der Verein teilte am Donnerstag mit, dass alle Gehälter für den Monat Mai normal bezahlt wurden.
Olic: Ich kann nur sagen, dass wir Spieler immer pünktlich unser Gehalt bekommen haben. Im Klub ging vieles drunter und drüber, aber da lief alles korrekt ab.
SPORT1: Trainer Vitor Pereira ist gescheitert. Oder?
Olic: Wir sind alle gescheitert. Der Abstieg geht gewiss nicht spurlos an ihm vorbei. Er weiß, dass er bei 1860 keinen Erfolg hatte. Wir alle sind Schuld. Wir im Verein haben alle viele Fehler gemacht. Die Struktur in allen Bereichen hat gefehlt. Fußball ist kein Tages-Geschäft, es ist ein Prozess. Man muss Vertrauen aufbauen und eine langfristige Strategie haben. Nur dann kannst du Erfolg haben.
SPORT1: Pereira war vor 1860 bei großen Klubs tätig. Woran ist er konkret gescheitert?
Olic: Ich habe auch Hoffnungen in ihn gesetzt, aber ein Trainer mit so einer Vita kann aus meiner Sicht gar nicht wissen, was ihn in der 2. Liga erwartet. Denn das hat nichts mit dem Fußball zu tun, den er von früher kannte. Bei 1860 ist das ein anderes Leben. Das hat er sicher unterschätzt. Er hat mir zum Abschied kurz die Hand gegeben und das war's. Es war ein trauriger Abgang. Ich hatte nie etwas gegen Pereira, es hat einfach nicht gepasst.
SPORT1: Wie geht es mit Ihnen weiter?
Olic: Ich werde den Verein verlassen, habe keinen Vertrag mehr und es ist sehr schade, dass es so endet. Aber das eine Jahr war kein Fehler. Ich habe alles für Sechzig gegeben, am Ende hat es nicht geklappt. Es ist ein toller Verein und ich hoffe, man kriegt irgendwann die Kurve. Ich werde wieder nach Hamburg ziehen und mich um meinen Trainerschein kümmern. Die B-Lizenz habe ich schon, jetzt mache ich den A-Schein. Es kann auch sein, dass ich noch weiter spielen werde. So will ich meine Karriere eigentlich nicht beenden.